Am 1. Juli 2021 wird im Kanton St. Gallen das neue Energiegesetz in Kraft treten. Es umfasst die Anpassung an den Stand der Technik im Gebäudebereich und zielt vor allem darauf ab, den Energieverbrauch in neuen und bestehenden Bauten zu senken.
Das neue Energiegesetz orientiert sich an den Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014), welche alle Kantone im Sinne der Harmonisierung weitgehend in ihre Gesetzgebungen aufnehmen. Damit bildet der Kanton St. Gallen wieder den heutigen Stand der technologischen Entwicklung bezüglich Baustandards und Haustechnik ab. Im Bereich der Wohnbauten sind vom revidierten Energiegesetz neue, bauliche Massnahmen betroffen, die sich auf den Energieverbrauch auswirken.
Stromproduktion vor Ort
Bei Neubauten fordert das Energiegesetz tiefere Werte für den Wärmebedarf für Heizung, Warmwasser, Lüftung und Klimatisierung (35kWh/m2 Energiebezugsfläche). Das hat effizientere Gebäudehüllen und Haustechnik sowie tiefere Energiekosten zur Folge. Ebenso verlangen die Vorschriften die eigene Stromproduktion. Wer neu baut, soll pro Quadratmeter beheizter Wohnfläche eine Stromerzeugung mit 10 Watt Leistung erstellen (maximal 30 Kilowatt). Wie die Vorschrift zu erfüllen ist, zeigt das Beispiel einer Fotovoltaikanlage, die voraussichtlich meistgenutzte Art der Eigenstromproduktion: Im Einfamilienhaus mit einer beheizten Wohnfläche von 200 m2 genügt eine Anlage von 2 Kilowatt Leistung. Sie entspricht einer Fläche von 10 bis 12 m2 und erbringt eine Stromproduktion von rund 2000 Kilowattstunden Strom im Jahr. Diese Menge deckt einen schönen Teil des Stromverbrauchs im Vier-Personen-Haushalt (im Durchschnitt 4000 kWh).
Ist es nicht möglich eigenen Strom zu erzeugen oder von der Baueigentümerschaft nicht gewünscht, so kann sie die Vorgabe über einen tieferen Wärmebedarf kompensieren. Ausserdem bietet der Kanton St. Gallen zur Erfüllung der Vorschrift die Möglichkeit, eine Ersatzabgabe zu entrichten. Der geäufnete Betrag dient der Erstellung von Fotovoltaikanlagen auf privaten oder öffentlichen Gebäuden.
Erneuerbar heizen wird zum Stand der Technik
Auch bei bestehenden Wohnbauten haben die neuen Vorschriften die Reduktion des Energieverbrauchs zum Ziel und setzen dort an, wo so oder so Handlungsbedarf besteht. Muss eine Hauseigentümerschaft in einem älteren bis anhin nicht erneuerten Wohnbau die Heizung ersetzen und will eine Öl- oder Gasfeuerung installieren, ist entscheidend, wie effizient das Gebäude bereits ist. Auskunft dazu gibt der Gebäudeenergieausweis der Kantone, der GEAK. Bei Gebäuden, die beim GEAK mindestens die Gesamtenergieeffizienzklasse D erreichen oder nach Minergie zertifiziert sind, kann die neue Heizung frei gewählt werden. Das gilt ebenso für Gebäude, welche nach einem bestimmten Jahr – festgelegt in der Verordnung zum Energiegesetz – bewilligt worden sind. Bei weniger effizienten beziehungsweise älteren Gebäuden ist beim Heizungsersatz vorgeschrieben, mindestens 10 % des Wärmebedarfs mit erneuerbaren Energien zu decken oder den Energiebedarf um 10 % zu senken.
Einfache Umsetzung dank Standardlösungen
Für die Umsetzung dieser Massnahme stehen Standardlösungen zur Verfügung. Dazu gehören zum Beispiel die Kombination einer neuen Öl- oder Gasheizung mit Sanierungsmassnahmen wie der Ersatz der Fenster, die Wärmedämmung von Fassade und Dach oder die Installation thermischer Sonnenkollektoren für die Wassererwärmung. Als weitere Lösung zur Erfüllung der Vorschriften bietet der Kanton St. Gallen die Nutzung von Bioöl oder Biogas mit entsprechendem Nachweis.
Ebenso gibt es Standardlösungen mit reiner erneuerbarer Wärmeerzeugung. Denn der Heizungsersatz ist die Gelegenheit, von fossilen auf erneuerbare Energien umzusteigen und den CO2-Ausstoss des Gebäudes langfristig zu senken: eine Chance, die sich auch wirtschaftlich lohnt. Werden bei der neuen Heizung nicht nur der Kaufpreis, sondern auch die Betriebs- und Unterhaltskosten über die Lebensdauer berücksichtigen, ist beispielsweise eine Wärmepumpe wirtschaftlicher als eine fossile Heizung – nicht zuletzt, weil ein Hauseigentümer beim Ersatz von Öl-, Gas und Elektroheizungen durch Wärmepumpen von namhaften Fördergeldern profitiert.
Der Kanton St. Gallen kennt ausserdem eine Härtefallregelung zur Befreiung von den Vorschriften.
Sämtliche Details zum Gesetz regelt die Regierung in der Verordnung, die sie voraussichtlich Ende April 2021 veröffentlicht.
Die Energieagentur St.Gallen führt ab Mai 2021 Schulungen für Fachleute zum Energiegesetz durch. Eine Übersicht aller Angebote finden Sie hier.
Weitere Informationen zum Gesetz: sg.ch
Veröffentlichung der Verordnung: publikationen.sg.ch
Informationen zur kantonalen Förderung: energieagentur-sg.ch > Förderprogramm